Land Niedersachsen plant ein neues Zweckentfremdungsgesetz

Pressemitteilung Nr. 9 vom 10.03.2019



Die Niedersächsische Landesregierung hat einen Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, mit dem künftig in Gebieten mit Wohnraummangel besser und schneller auf die Vernichtung von Dauerwohnraum reagiert werden könnte. Das neue „Gesetz über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ (NZwEWG) soll die Gemeinden ermächtigen, auf der Grundlage einer zu erlassenen Satzung gezielt gegen die Umwandlung von Dauerwohnraum in Ferienwohnungen, spekulativen Leerstand oder Abriss vorzugehen.
 

Insbesondere die Ostfriesischen Inseln sind stark von der permanenten, oftmals auch unzulässigen, Beseitigung von Dauerwohnraum betroffen, so dass sich die Wohnungsnot auf den Inseln und insbesondere auf Norderney explizit in der Gesetzesbegründung wiederfindet.
 

Aus diesen Grund wurde Bürgermeister Frank Ulrichs eigens zur Anhörung vor dem Landtagsausschuss für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz Anfang März nach Hannover geladen, um sowohl die insularen Wohnraumverhältnisse zu schildern aber auch, um zu dem Gesetzesvorhaben inhaltlich Stellung zu beziehen.
 

Bürgermeister Ulrichs machte in seiner Stellungnahme deutlich, dass er die Initiative des Landes Niedersachsen, der Wohnraumproblematik auf den Inseln mit einem weiteren Gesetz zu begegnen, grundsätzlich sehr begrüße. „Dieses Gesetz versuche, das Übel bei der Wurzel zu packen“, wie Ulrichs betont. Ein großer Vorteil liege darin, dass man nicht den bürokratischen Weg über die Bauaufsichtsbehörde zu nehmen brauche, sondern in konkreten Einzelfällen vor Ort selber tätig werde könne. Der Gesetzesentwurf räume der Gemeinde dabei umfangreiche Befugnisse ein, die von Auskunftspflichten bis hin zum Betretrecht der Wohnung reichen. Auch empfindliche Geldbußen könnten von der Gemeinde auferlegt werden, wenn gegen eine Satzungsregelung verstoßen werde.
 

Leider weise der Gesetzesentwurf aus der Sicht von Ulrichs aber eklatante Schwachstellen auf, die nachjustiert werden müssten. Das machte der Bürgermeister im Rahmen seiner Anhörung in Hannover deutlich. So werde im Gesetz nicht zwischen einer Dauer- und einer Neben(Zweit)wohnung differenziert. Das würde in der Praxis bedeuten, dass die Umwandlung einer Dauer- und genauso einer Ferien- in eine Zweitwohnung nicht geahndet werde könnte. Das ist ein großes Defizit, monierte Ulrichs das Gesetzesvorhaben, weil genau dort die Probleme lägen. Es fände seit Jahren eine schleichende Umwandlung statt, der stärker begegnet werden müsse. Die klassische Nebenwohnung diene eben nicht dem dauerhaften Aufenthalt. Im schlechtesten Fall werde die Nebenwohnung nur an wenigen Tagen im Jahr genutzt, sie wird nicht der Fremdenbeherbergung zur Verfügung gestellt, noch bringt sie gesellschaftliche oder finanzielle Vorteile für die Insel.
 

In der Praxis stelle die Zweckentfremdung einer Dauerwohnung zur Zweitwohnung ein mindestens ebenso großes bis heute anspruchsvolles Problem dar, wie die Umwandlung einer Dauerwohnung in eine Ferienwohnung. Gerade der Erhalt und die langfristige Sicherung von Dauerwohnraum seien existenziell wichtig, um den auf der Insel lebenden Menschen eine Heimat und eine Perspektive zu bieten. Aktuell zeige sich zudem eine besondere Problematik darin, als dass dringend benötigte Arbeits- und Fachkräfte nur noch unter sehr schwierigen Bedingungen untergebracht werden könnten.
 

Mit diesem Gesetzesvorhaben könnten die Handlungsbefugnisse der Gemeinde nochmals gestärkt werden, aber dazu bedürfe es einer Überarbeitung des Gesetzesentwurfes in verschiedenen Punkten. So moniert Ulrichs ebenfalls das Entgegenkommen des Gesetzgebers, wonach der als solcher bislang genutzte „reine“ Dauerwohnraum für einen befristeten Zeitraum im Jahr als Ferienwohnungen verwendet werden könne. Ulrichs sieht darin für die Verwaltungen einen unüberschaubaren Kontroll- und Vollzugsaufwand, der das Gesetz ad absurdum führen würde. Außerdem würden solche Regelungen nicht mit den örtlichen Erhaltungssatzungen in Einklang zu bringen sein.
 

Bürgermeister Ulrichs ist mit seinen Einwendungen in Hannover auf offenen Ohren gestoßen. Ulrichs steht darüber hinaus mit dem Bauministerium in Hannover im engen Austausch über mögliche Modifizierungen des Gesetzes. Der Bürgermeister hatte dazu auch ergänzende Rechtsmaterialien zur Verfügung gestellt, die in der Vergangenheit als Grundlage für eine stärkere Differenzierung des Wohnungsbegriffes auf den Ostfriesischen Inseln dienten. Das Ministerium werde sich der Eingaben annehmen und eine Rückmeldung geben.