Stellungnahme zur Berichterstattung über den geplanten Personalwohnungsbau der Reederei in der Rheinstraße vom 16.10.2019 in der NBZ sowie zum Leserbrief im Norderneyer Morgen vom 18.03.2019

Pressemitteilung Nr. 10 vom 18.03.2019



Im o. g. Bericht werde ich als Bürgermeister direkt mit der Fragestellung angesprochen, was im Rah­men des Baugenehmigungsverfahrens für das geplante Personalwohnhaus der Reederei falsch gelau­fen sei. Da der Bericht hinsichtlich des Genehmigungsverfahrens leider ein paar grobe Ungenauigkei­ten enthält, möchte ich mich kurz dazu äußern und zur Aufklärung beitragen:

Vorweg sei gesagt, dass ich den Bewohnerinnen und Bewohnern der Rheinstraße bereits im Novem­ber des letzten Jahres auf eine gleichlautende Anfrage unverzüglich geantwortet hatte und ich in jeder Hinsicht vollstes Verständnis für den Wunsch nach Information aufbringe und auch weiterhin dazu beitragen möchte. Für die 13. Kalenderwoche habe ich daher zu einem Gespräch ins Rathaus eingeladen.

Zum besseren Verständnis möchte ich auch an dieser Stelle ein paar Worte zum Baugenehmigungs­verfahren selbst verlieren, da diese Informationen sehr wichtig für die weitere Beurteilung der Ange­legenheit sind:

Die Reederei Norden-Frisia hatte im letzten Jahr eine Baugenehmigung für den Umbau des o. g. Hau­ses in der Rheinstraße zu fünf Dauerwohnungen, die WG-ähnlich angelegt werden (Mehrfamilien­wohnhaus), beantragt. Die Genehmigungsfähigkeit beurteilt sich nach den rechtskräftigen Festset­zungen des Bebauungsplanes Nr. 25 C. In diesem ist u. a. festgelegt, dass bei jedweden Neubauten oder baulichen Veränderungen eine Mindestnutzung an Dauerwohnraum vorzuhalten ist. Weder der Gesetzgeber noch der Bebauungsplan differenzieren beim Dauerwohnraum hinsichtlich des jeweili­gen Personenkreises, der diesen Wohnraum nutzen kann. Personalwohnungen für Personal, das hier auf Norderney im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses dauerhaft oder auch nur für die Dauer von mehr als sechs Monaten beschäftigt ist, erfüllen daher zunächst einmal diese Kriterien.

Der Bauausschuss der Stadt Norderney hat dieses Vorhaben nicht genehmigt, denn er ist formell und inhaltlich nicht zuständig. Zuständig ist der Landkreis Aurich, weil ein Bebauungsplan vorhanden ist.

 

Daher wurde das beabsichtigte Vorhaben dem Bauausschuss der Stadt Norderney lediglich zur Kenntnis gereicht und ausführlich vorgestellt. Entgegen der vermeintlichen Behauptungen der politi­schen Parteien wurde bereits in der Bauausschusssitzung am 06. Juni 2018 genau und unmissver­ständlich über die Anzahl der Zimmer und Wohnungen gesprochen, wobei von bis zu zwanzig Perso­nen die Rede war. Insofern waren die Auswirkungen des geplanten Vorhabens allen Bauausschuss­mitgliedern zum damaligen Zeitpunkt bekannt.

Der Bauausschuss hatte seinerzeit allerdings auch nicht die Möglichkeit, ggf. zu intervenieren, weil die beabsichtigte Nutzung als Personalwohnungen den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 25 C nicht widersprach. Eine explizite Genehmigung der hiesigen politischen Mandatsträger bedurfte es daher grundsätzlich nicht. Die politischen Vertreter hatten jedoch den Wunsch geäußert, statt der lt. Bebauungsplan zu schaffenden zwei Ferienwohnungen (und drei Dauerwohnungen) dem Ansinnen der Reederei nachzukommen, um ausschließlich fünf Dauerwohnungen als Personalwohnraum her­zustellen. Wenngleich im Bauausschuss seinerzeit ein allgemeines „Unwohlsein" herrschte, wurde ob der fehlenden Handlungsoptionen eine einvernehmliche und parteiübergreifende Zustimmung aus­gesprochen.

Zwischenzeitlich wurde von der Reederei ein modifizierter Bauantrag direkt beim Landkreis Aurich eingereicht, wobei das grundsätzliche Wohnkonzept, nämlich die Nutzung als Personalwohnhaus, weiterhin Gegenstand des Antrages war.

Die Baugenehmigung wurde im September 2018 durch den Landkreis Aurich erteilt, allerdings unter der Maßgabe, dass gemäß den Festsetzungen des Bebauungsplanes drei Dauerwohnungen und zwei Ferienwohnungen zu schaffen sind.

Dieses Verfahren wirft die grundsätzliche Frage auf, wie wir auf der Insel künftig mit der Ansiedlung von dringend benötigten Personalunterkünften umgehen wollen und ob eine schärfere Differenzie­rung zwischen Dauer- und Personalwohnung angebracht und überhaupt möglich ist.

In den letzten Wochen wurde aufgrund der nachbarschaftlichen Problematik in der Rheinstraße in den politischen Gremien der Stadt häufiger die Diskussion darüber geführt, ob es einer weiteren Ab­grenzung zwischen Dauer- und Personalwohnungen bedarf und wo die Grenzen dazwischen liegen, da kleine Zimmer nicht unbedingt zum „dauerhaften Aufenthalt" geeignet sind, das Melderecht in dieser Frage aber keine Unterschiede macht.

Die aktuelle Diskussion dieser Thematik ist in dieser Form neu und hat sowohl eine rechtliche als auch offensichtlich eine gesellschaftspolitische Relevanz, da sich vorhandene Wohn- und Lebens-raumstrukturen bei zu großen und ggf. zu vielen in einem Gebiet angesiedelten Objekten langfristig verändern können. Andererseits bestehen keine Zweifel an der Tatsache, dass wir Arbeitskräfte vom Festland dringend brauchen und diese hierher holen, um die vorhandene Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Daneben muss dem Wohnraumbedarf der Einheimischen angemessen begegnet werden. Dafür bedarf es m. E. baldmöglich einer öffentlichen Debatte und schlüssiger Konzepte.

In Fragen der Rheinstraße werde ich mich gerne weiterhin als Moderator und Vermittler zwischen den Bewohnern, der Reederei und dem Landkreis zur Verfügung stellen, um hier vielleicht doch noch zu einer verträglichen und einvernehmlichen Lösung zu gelangen.